Pia 1992

Stuttgart
Wien
Waldheimbetreuerin
Freie Journalistin
Volontärin
Cutterin
Kamerafrau
Kinderparty Betreuung in einer Bowlingbahn
Texterin

JULI 1997: Ich werfe mich in die Wellen und tauche immer wieder hinab. Das Wasser schmeckt salzig und brennt in den Augen. Ich kann nicht schwimmen, zumindest noch nicht. Heute werde ich es schaffen, werde das Wasser zähmen und mir zum Freund machen.

MAI 1999: Meine Cousine und ich rennen durch das hohe Gras, verstecken uns vor phantastischen wilden Tieren: Die Welt liegt uns zu Füssen und wir formen sie, wie sie uns gefällt. Wir bauen Gedankenschlösser mit Pferdeställen und malen uns grell-bunte Abenteuer aus, bis wir abends todmüde ins Bett fallen.

NOVEMBER 2000: Ich wache mit dem Gefühl auf, dass etwas nicht stimmt. Wieso hat mich niemand geweckt? Ich habe doch Schule. Aus der Küche höre ich das leise Schluchzen meiner Mutter. Sie kauert in einer Ecke und ich nehme sie in den Arm. «Papa ist weg», sagt sie zu mir, «er hat ein Verhältnis mit Maren.» Meine heile Welt zerbricht in Tausende von Scherben und ich weiss, dass nichts mehr so ist, wie es war.

MÄRZ 2003: Es ist spät abends und es klingelt an der Tür. Meine Mutter schreckt hoch und sagt: «Opa ist tot.» Als ich die Tür öffne, steht meine Tante davor – Opa ist gestorben. Tränen fliessen lautlos meine Wange hinab und ich weiss, dass der letzte rettende Anker in meinem Leben mich verlassen hat.

JUNI 2004: Ich sitze auf dem Fensterbrett, meine Beine baumeln hinab. Ich schaue in die Tiefe. Was wäre wenn ich springen würde? Wer würde mich vermissen? Ich schliesse die Augen und stelle mir vor wie das Leid aufhört und ich endlich frei bin.

FEBRUAR 2006: Ich trage sein Bild immer bei mir, streiche sanft mit dem Finger darüber und stelle mir vor ihn tatsächlich zu berühren. Mir wird ganz warm, wenn ich seinen Namen höre. Sieht er mich an, werde ich rot und senke den Blick. Leider ist er nicht in mich verliebt.

AUGUST 2006: Es ist Nacht und ich höre durch das offene Fenster die Grillen zirpen. Der Kugelschreiber fährt pausenlos über das Papier und füllt es mit meinen Gedanken. Erregt lese ich die ersten Zeilen noch mal und klopfe mir selbst auf die Schulter: Der Grundstein meines ersten Romans ist gelegt.

JANUAR 2010: Meine Mutter liegt im Krankenhaus. Sie hat sich das Bein gebrochen, vierfach. Als ich die Haustüre öffne, ist es dunkel. Unser Hund stürmt auf mich zu und ich halte ihn fest. So einsam, wie jetzt habe ich mich lange nicht mehr gefühlt. Für einen Moment, denke ich an meinen Vater und verwerfe den Gedanken gleich wieder: Er wird mir nicht helfen, er hat mir nie geholfen.

MÄRZ 2013: Ich sitze im Nachtzug und fahre nach Wien. Innerhalb eines Tages hat sich mein Leben komplett verändert: Von der planlosen, unterbezahlten Praktikantin bin ich zur Studentin in spe geworden.

MÄRZ 2015: «Mein Name ist Pia und ich bewerbe mich mit meinem Drehbuch für Ihre Klausur im Sommer.» Jetzt muss ich die Bewerbung nur noch abschicken und ganz fest die Daumen drücken!

19.05.2015