Benjamin 1986

Oderwitz
Zittau
Frankfurt am Main
Stuttgart
Istanbul
Antalya
Konzertveranstalter
Kartograf
Sekretär
Runner
Personalsachbearbeiter
Barkeeper
Garderobier
Ticketreisser
Künstlerbetreuer

DEZEMBER 1989: Ich stelle fest, dass ich den Winter überhaupt nicht mag. Meinen Eltern sage ich, sie sollen mir lieber Spielzeug anstatt warmer Kleidung kaufen. Ich werde nämlich erst wieder das Haus verlassen, wenn es warm ist.

JANUAR 1999: Klassenfahrt zum Skifahren in Tschechien. Meine erste grosse Liebe sagt mir, dass sie mich nur als Freund mag. Ich bereue, dass ich mir zuvor ihren Namen in den Oberarm geritzt habe, und rase die nächste Piste bergab. Ich überlebe den Sturz unverletzt.

JULI 2002: Die Waldhütte, in der ich die meiste Zeit mit meinen Freunden verbracht habe, steht in Flammen. Wir stehen tatenlos daneben und mit ihr verbrennt auch ein Abschnitt meines Lebens. Nur ein paar Wochen später ziehe ich nach Frankfurt und wir sehen uns nie wieder. Das ist auch gut so.

MAI 2004: Die Hotelanlagen an der Küste verschwinden langsam am Horizont. Der Weg wird immer schlechter und ich muss zu Fuss weiter. Nach wenigen Metern tauchen die ersten römischen Säulen auf. Mitten im Wald, völlig verwachsen und verfallen. Kein Mensch weit und breit.

MÄRZ 2007: Irgendwo im Taurusgebirge, auf einem Forstweg, hänge ich mit meinem defekten Jeep über dem Abgrund. Ich bin allein, habe keinen Handyempfang und versuche mich damit abzufinden, hier und jetzt zu sterben.

JULI 2008: Die fünfte Auflage meines Festivals ist ein totales Fiasko. Völlig übernächtigt frage ich mich die ganze Zeit, wie ich das alles bezahlen soll. Aber verdammt, es ist doch nur Geld und die Party ist der absolute Wahnsinn!

MAI 2009: Nach sieben Jahren Beziehung trennen wir uns. Wir sitzen beide auf dem Balkon unserer gemeinsamen Wohnung und rauchen eine Zigarette nach der anderen. Auch wenn die nächsten Wochen sehr hart werden, wissen wir, dass die Entscheidung richtig ist.

MAI 2011: Meine türkische Freundin liegt in meinen Armen und wir teilen uns ein Bier aus der Dose. Unter uns der Bosporus und die Silhouette von Istanbul. Die Sonne scheint und alles ist voller Glanz.

DEZEMBER 2012: Als das Flugzeug in Frankfurt den Boden berührt, kann ich es nicht länger zurückhalten und beginne zu weinen. Die nächsten fünf Monate werde ich nicht nach Istanbul fliegen.

MÄRZ 2013: Mir wird bewusst, dass ich inzwischen ein zweites Zuhause in Istanbul habe und ich bin überglücklich. Sowie das Flugzeug abhebt, lasse ich für ein paar Tage alles andere hinter mir.

12.02.2014