Nicole 1971

Kriens
Stettlen
Oppligen
Riggisberg
Bern
Nidau
Bern
Farnern
Bern
Biel
Pflästerin
Steinbildhauerin
Landschaftsgärtnerin
Renovationsarbeiterin
Kantonspolizistin
Kursleiterin Bildhauerei
Mitarbeiterin Innenfahndung Kantonspolizei

AUGUST 1975: Papi spielt mit mir im Elternzimmer und ich verstecke mich im grün-weissen Wäschekorb. Ich fühle mich ihm sehr nahe. Das Zimmer ist durch den Lichteinfall der Spätsommersonne mit einer enorm warm-sinnlichen Stimmung ausgefüllt.

AUGUST 1977: Endlich: Mein erster Schultag ist da, auf den ich mich wahnsinnig gefreut habe. Es ist ein tolles Gefühl, mit der blauen Schultasche und deren orange reflektierenden «Katzenaugen»-Verschlüssen und dem Etui, das mit Farb- und Bleistiften, Gummi, Filzstiften und all den Schulwerkzeugen gefüllt ist, zur Schule zu marschieren.

JULI 1979: In den Ferien in Südfrankreich mit meinen Eltern bin ich der Mittelpunkt und muss nichts mit meinen Bruder teilen. Ich spüre die Liebe zwischen meinen Eltern und die Banden, die uns drei verbindet. Wir lachen viel und sind so ausgelassen miteinander.

OKTOBER 1983: Seit der Trennung von meinem Vater schlägt uns Mami nicht mehr. Vielleicht sind wir inzwischen zu gross geworden. Ich beginne aber, psychische Probleme zu haben, und habe keine Schulfreunde mehr.

FEBRUAR 1994: In einem Kulturaustauschjahr in Kolumbien, wo ich im Departement Choco als Orchideenpflanzerin in einem Nationalpark arbeite, werde ich von einem Skorpion gestochen. Kurz darauf ertrinke ich fast. Ich kämpfe zweimal ums Überleben und realisiere, dass ich noch lange nicht sterben möchte.

APRIL 1996: Nach einem Aufenthalt bei einem Gynäkologenehepaar in Berlin begreife ich, dass ich lesbisch bin, und verliebe mich nach meiner Rückkehr nach Bern in der Reithalle zum ersten Mal in eine Frau.

SEPTEMBER 1997: Nach dem knappen Bestehen meiner berufsbegleitende Matura bin ich traumatisiert, träume nachts wiederholt, dass ich die Mathematikprüfung noch nachholen muss, und vergesse während zweier Jahre gelesene Texte sofort wieder.

JULI 2001: Nach einem Autounfall lädt mich meine Ex-Freundin ein, mit ihr nach Sion an die Gay Pride mitzufahren. Meine zukünftige Ehefrau fährt im Auto mit.

AUGUST 2008: Mami, ihre Hündin Myrta und ich verbringen Ferien in Südfrankreich. Die beiden holen mich aus einer schlimmen Mobbing-Stimmung aus dem Büro raus. Auf der Reise nach Südfrankreich fällt aller Ballast von mir ab und ich beschliesse, vom Chefinnen-Posten wieder zur Mitarbeiterin zu wechseln.

JUNI 2012: Endlich wage ich den Schritt ins Eheleben. Wir heiraten an einem wundervoll sonnigen Tag und sind bei den Feierlichkeiten umgeben vom Grün der riesigen Lindenbäume, unseren Familien und engsten Freunden. Es ist der Schritt, für den ich meine grösste Verantwortung bisher übernommen habe, und es fühlt sich absolut richtig an.

27.01.2014