Imelda 1957

Bühl (Baden)
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Fulda
Berlin
Frankfurt am Main
Serviceangestellte
Bühnenbildnerin
Kostümbildnerin
Stilistin
Seminarleiterin
Stilberaterin
Einkaufsbegleiterin
Konzeptkünstlerin
Lichtdesignerin
Qigong-Lehrerin

MAI 1966: Ich erhalte zum Namenstag von meiner Patentante Imelda ein Päckchen, das ich in der Schule öffne. Meine Lehrerin fragt mich, ob ich meinen Geburtstag dieses Jahr im Mai feiere. Da ich stottere, habe ich auf dem Schulweg meine Antwort auf diese Frage, die ich erwartete, geübt: «Das ist mein Namenstags-Päckchen von meiner Patentante.» Es klappt und ich bin unendlich stolz. Endlich stehe ich, die Einzelgängerin, im Mittelpunkt.

APRIL 1977: Nach einem zweitägigen Eignungstest an der Kunstgewerbeschule Basel werden von mehreren hundert Bewerbern 60 Schüler ausgewählt – ich habe es geschafft! Ich schlendere durch Basels Gassen und fühle mich glücklich und privilegiert.

FEBRUAR 1991: Um Mitternacht werde ich von Nils in das mit Teelichtern illuminierte Badezimmer geführt. Das Badewasser schimmert leuchtend blau. Eine Blütenkerze schwimmt darauf mit vier Streichholz-dünnen langen Kerzen, die um eine kleine Geschenkbox angeordnet sind. In der Schachtel liegt das Unfassbare: der geniale Silberring, den wir vor zehn Monaten in einem Schaufenster gesehen hatten, und der um die 1000 DM kostete, für uns unerschwinglich. Ganz stolz berichtet Nils, dass er den Ring am Tag, nachdem wir ihn entdeckt haben, reserviert hat und fünf Monate lang heimlich mithalf, ein altes Dampfboot zu restaurieren, bis er das Geld zusammen hatte.

DEZEMBER 1993: Christian und ich heiraten am 23. Dezember, weil an Weihnachten alle Standesämter rund um Hamburg geschlossen sind. Unsere Hochzeit findet im Geheimen statt. Wir möchten nur für uns sein. Nach einem noblen Essen werden wir von unseren Trauzeugen zur letzen U-Bahn gebracht. Als wir zu Hause ankommen, ist es Weihnachten. Wir zünden die Kerzen unseres Weihnachtsbaumes an, geniessen unser Geheimnis und öffnen die Geschenke, die wir uns gegenseitig für unseren Tag gemacht hatten.

APRIL 1997: Kinder kriegen war nie mein Thema. Ich selbst war kein glückliches Kind. Christian überredet mich, dass wir das schaffen und wie schön das gemeinsame Ziel sei. Die Natur sieht das anders. Vier Fehlgeburten innerhalb von zwei Jahren – jetzt mit Zwillingen. Beim Gentest wird Trisomie 19 festgestellt.

AUGUST 2006: Bei meiner Kur auf der Insel Föhr lerne ich QiGong kennen. Die fliessenden Bewegungen machen mich glücklich und bringen mich wieder ins Gleichgewicht. Ich beschliesse, ein zweijähriges Studium aufzunehmen und auch in Beijing Erfahrungen in QiGong zu sammeln.

MÄRZ 2010: In der Fotoserie «ausgezogen» fotografiere ich lustvoll meine umfangreiche Dessous-Sammlung in Arrangements. Nachdem ich wegen Brustkrebs eine Brust amputieren und mich einer Chemotherapie unterziehen musste, werde ich sie nicht mehr anziehen können. Jetzt bin ich eine Amazone.

MAI 2011: Nach dem Tod meines Vaters – meine Mutter verstarb 2008 – kümmere ich mich um den Nachlass meiner Eltern, der aus vielen Sammlungen besteht. Beispielsweise: geweihte Medaillons, selbst gebundene Anglerfliegen, präparierte Fischköpfe, Super-8-Filme, Dias, Fotos und Tonbandaufnahmen. Aus den Fragen «Was ist für wen wichtig?» und «Was soll bleiben, und für wen?» beginne ich, ein Ausstellungskonzept zu entwickeln.

SEPTEMBER 2011: Ich trete aus der katholischen Kirche aus.

MAI 2012: Ein kleines Erbe ermöglicht mir, dass ich mit meinem Mann an eines meiner Traumziele reisen kann: Island. Wir fahren an weich mit Schnee bedeckten riesigen Gletschern vorbei, dazwischen Lavagestein, ein bisschen steppenartige Wiesenflächen mit Islandpferden, und im Süden, am Rand des Skalafellsjökull sehen wir einen geniesserisch im Eiswasser schwimmenden Seehund.

18.11.2013