Céline 1949

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Kaufmännische Angestellte
Sachbearbeiterin
Übersetzerin
Reiseleiterin
Marketingfachfrau
Autorin
Chefredaktorin

MÄRZ 1959: Ich spüre, dass mein Vater im Sterben liegt, obwohl ich über 80 Kilometer von ihm entfernt bin und niemand seinen Tod erwartet. Er stirbt 48-jährig und wir bekommen keine Osterhasen.

AUGUST 1961: Mein Onkel zeigt mir die Wallfahrtskapelle von Le Corbusier in Ronchamps.

APRIL 1967: Nach gut hundert Fahrstunden schaffe ich einen Tag vor meiner Abreise nach England endlich meine Fahrprüfung. Dort nützt mir die Praxis im Rechtsfahren nicht viel.

MÄRZ 1981: Meine jüngste Tochter kommt zur Welt. Genau in diesem Moment bleibt meine Uhr stehen. Die Hebamme beruhigt mich: «Jetzt beginnt eine neue Zeit.»

NOVEMBER 1988: In Nara, Japan, habe ich, umringt von unzähligen zahmen Rehen auf dem Weg zum grössten Holztempel der Welt, ein Déja-vu-Erlebnis aus meiner Kindheit: freilaufende Rehe mit wachem Blick in einem Lausanner Park. Nicht frisch geschossene mit starren Augen wie in unserer Küche.

SEPTEMBER 1990: Ich stehe fasziniert im Schrebergarten einer über 80-jährigen Frau, die zwölf Kinder grossgezogen hat und ihn aufgibt, weil die Kinder finden, sie solle sich endlich zur Ruhe setzen.

JULI 2004: Zufälligerweise fällt mir ein Erzählstoff für ein Buch zu. Ich vertiefe mich sofort darin.

NOVEMBER 2006: Ich stehe an den gewaltigen Iguazu-Wasserfällen und sage zu meiner Tochter: «Genau wie das Leben, zuerst verläuft es als ruhiger Strom. Plötzlich bricht es unerwartet ab und stürzt in die Tiefe...» In diesem Moment ruft mein Mann an: «Ich muss mit dir reden, ich habe mich in eine junge Frau verliebt.»

MAI 2011: Auf einem abgelegenen Bauernhof läuft mir ein kleines schwarz-weisses Kätzchen mit Kulleraugen entgegen. Die Bäuerin will es wegen Katzenüberschuss «entsorgen». Ich nehme es mit.

MÄRZ 2012: Mein 19-jähriger Neffe stürzt sich vor den Augen seines Vaters aus dem Fenster, während ich an der Vernissage einer Fotografin bin, die ebenfalls den Freitod gewählt hatte.

27.02.2013