Sara 1987

Binningen
Basel
Babysitterin
Kauffrau
Barkeeperin
Verkäuferin
Türsteherin
Promoterin
Garderobenfrau
Kinderbetreuerin
Hausaufgabenhilfe

MAI 1997: Mia wird von der Lehrerin nach Hause geschickt, weil sie nicht aufhören kann zu weinen. Ihr Opa ist gestorben. Ich darf sie nach Hause bringen. Ich tröste sie und fühle sehr mit ihr mit. Ich nehme mir viel Zeit für sie und bin bedacht mit meinen Worten.

JANUAR 2004: Der Polizist fragt mich, ob das Zimmer vor dem Einbruch auch schon so ausgesehen hätte. Ich blicke auf die über meinen gesamten Fussboden verteilten Berge von Kleidern und nicke. Dass ich zwischen dem Einbruch und dem Polizeibesuch mein kleines Badezimmer noch kurz geputzt habe, verrate ich ihm nicht. Mein Papa schämt sich für mich. Ich mich auch.

NOVEMBER 2005: Ich treffe nach Jahren Mia per Zufall in einem Restaurant. Wir sinnieren über alte Zeiten. Wir kommen auf den verstorbenen Opa zu sprechen. Sie beginnt lauthals zu lachen und sagt, ihr Opa sei noch heute am Leben. Mein 10-jähriges Ich fühlt sich vor den Kopf gestossen.

AUGUST 2007: Ich lache mich fast zu Tode. Mit Nora. In Barcelona.

FEBRUAR 2010: Ich mache einen Spaziergang im Gebirge Vietnams. Ich blicke auf zwei Pferde, die mit wehenden Mähnen an einer Klippe stehen. Dahinter tun sich mächtige Berge mit Reisterassen auf. Ich könnte kotzen. Vor Glück.

JULI 2010: Ich dusche in einer verglasten Kabine mitten in unserem winzigen zweieinhalb–Bettzimmer. Léonie putzt sich direkt daneben die Zähne und schnauft wie ein Walross. Florence sitzt auf dem Bett und macht ein mentales Foto.

JULI 2011: Ich falle vom Longboard, schlage mir die Knie auf und ziehe mir Schürfwunden zu. Jonas sagt, ich hätte mich fallen lassen wie ein Kartoffelsack.

DEZEMBER 2011: Mein Papa sagt, ich solle mit der Bohrmaschine fester drücken. Ungeduldig hilft er nach – der Bohrer rattert durch die Wand. Robert lacht schallend. Sein Auge blinzelt mir freundlich durchs Loch entgegen.

JUNI 2012: Ich heule im Krankenhaus in Guatemala. Der Arzt begrüsst jede meiner Zehen mit einem fröhlich gesungenen «Buenos Diiiiaaaas». Danach reisst er mir den Zehennagel aus. Ich warte darauf, dass eine der tausend Schweissperlen auf seinem Gesicht auf meine nackte Zehe tropft.

JULI 2012: Ich hänge mit drei kiffenden Fischern in einer Hütte auf einer winzigen Insel in Belize während meine Kumpels draussen den Grill anschmeissen. Noah sieht mich am Fenster stehen. Er lacht. Mein Grinsen ist mindestens genauso breit wie ich.

05.02.2013