Doris 1974

Krappitz
Münster (Westfalen)
Paris
Münster (Westfalen)
Hamburg
Basel
Hamburg
Zürich
Hamburg
Göttingen
Basel
Fliessbandarbeiterin
Serviceangestellte
Promoterin
Schauspielerin
Messehostess
Regisseurin
Dramaturgin
Theaterpädagogin
Produktionsleiterin

JUNI 1977: Wir besuchen meinen Grossvater in Polen. Ich falle auf der Strasse hin und schlage mir das Knie auf. Er klebt ein Pflaster auf mein Knie und gibt mir die restlichen mit den Worten: «Damit du in Deutschland immer ein Pflaster hast.»

DEZEMBER 1991: Eine Freundin schenkt mir zu Weihnachten ein Plakat von meinem Lieblingsfilm. Ich muss vor Rührung weinen.

DEZEMBER 1994: In der Silvesternacht schaue ich aus dem Fenster, während das Feuerwerk knallt. Ich bin unglücklich mit meinem Jurastudium und habe das Gefühl, dass mein Leben in eine ganz falsche Richtung läuft.

SEPTEMBER 1996: Beerdigung meiner Grossmutter in Polen, ganz traditionell, mit einer Prozession durch die Stadt. Es sind unheimlich viele Menschen da und ich begreife zum ersten Mal, was Heimat sein kann, und dass auch ich irgendwo herkomme.

JUNI 1997: Ich bin Regieassistentin bei einem Projekt der Regiestudenten. Eine Leseprobe unter freiem Himmel. Die Hauptdarstellerin, auch Regiestudentin, hat eine Glatze und kommt aus der Schweiz. Der Anfang einer langen Geschichte.

DEZEMBER 1999: Gemeinsames Feiern mit Freunden auf einem Bauernhof an der Nordsee. Er und ich bleiben länger wach als die anderen. Ich verliebe mich kopflos und ohne Halt.

AUGUST 2005: Ein legendärer Sommer in der Schweiz. Es entsteht eine Gruppe?, ein Kollektiv?, eine Familie? – Egal, wir sind alles! Wir proben in Basel ein Stück für uns und machen gleichzeitig noch eins in einem Altersheim. Die Alten lehren mich das Spielen!

APRIL 2008: Innerhalb von vierundzwanzig Stunden ziehe ich aus Hamburg weg. Ich stehe in der leeren Wohnung und sieben Jahre rasen durch meinen Kopf. Mein Vater weint – vielleicht, weil ich es nicht kann.

JULI 2011: Notfalloperation im Krankenhaus – zum zweiten Mal in zwei Jahren. Als ich aus der Narkose aufwache, ist für mich klar, dass ich mein Leben ändern muss. Ich beschliesse, dass meine Zeit mit und für Theater vorbei ist.

DEZEMBER 2011: Er ist zu meiner Silversterparty gekommen. Wie er da so vor mir steht, während wir uns unterhalten, weiss ich, dass er in Zukunft oft in meiner Wohnung sein wird.

23.01.2013